Die Dachgewächshäuser im ersten Schnee! Ich bin sicher nicht die Einzige, die sich schon neugierig gefragt hat, was hier wohl wächst. Nun dürfen wir dank des Gastbeitrages von Christian Wever einen Blick in die Forschungsgewächshäuser werfen, die über den neuen Gebäuden der biologischen Fakultät liegen. Sie sind für das Publikum nicht zugänglich und schon deswegen von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben. Ich freue mich daher sehr, dass dieser Beitrag nicht der einzige Blick durch das „Schlüsselloch“ bleiben wird. Weitere Geschichten wie zum Beispiel über die außerhalb der Dachgewächshäuser fast unbekannte Gattung Flaveria werden folgen. Herzlichen Dank Christian Wever!
Ein Gastbeitrag von Christian Wever
Die Gärtner des Botanischen Gartens sind nicht nur im Garten und hinter seinen Kulissen aktiv, sondern auch an einem ganz besonderen Ort der Universität: den Dachgewächshäusern. Hoch über den neuen Gebäuden der biologischen Fakultät befinden sich zwei große Gewächshauskomplexe mit einem bunten Strauß verschiedenster Forschungspflanzen. Vielen Besuchern der Universität oder des Botanischen Gartens sind die ungewöhnlich platzierten Gewächshäuser sicher schon mal aufgefallen. Insbesondere in den Wintermonaten, wenn es schon früh dunkel wird, sind die Dachgewächshäuser quasi gar nicht zu übersehen und begrüßen leuchtfeuergleich die Fahrgäste der Haltestelle Universität Ost.
Die großen Gewächshäuser sind u-förmig durch ein Büro und zahlreiche Lager- bzw. Arbeitsräume verbunden. Zusätzlich findet man auch allerlei vollklimatisierte Kammern für die Pflanzenanzucht hier auf der Ebene der Gewächshäuser. Dies alles ist das Reich von Anja Salaka, Andrea Wüster und Jochen Stappmanns. Dort hegen und pflegen die drei Gärtner*innen die vielen grünen Gewächse für alle Pflanzenforscher der Heinrich-Heine-Universität. Hier oben wird experimentiert, beobachtet und auch für die zahlreichen Studentenpraktika vermehrt. So vielfältig wie die verschiedenen Forschungsthemen, so sind auch hier die Pflanzen und ihre Bedürfnisse. Daher sind die großen Gewächshäuser in viele kleinere Zellen unterteilt, um möglichst viele verschiedene Kulturbedingungen zu schaffen.
Bei den Pflanzen finden sich hier oben einige Dauerbrenner, also Pflanzen, die quasi immer gefragt sind. Eine solche Pflanze ist zum Beispiel der Spinat (Spinacia oleracea L.). Aus ihm werden oft wichtige Bauteile der Fotosyntheseapparate isoliert und analysiert. Daher wird er fast das ganze Jahr angebaut und steht so den Forscher*innen ständig in gleichbleibender Qualität zur Verfügung.
Ein weiterer solcher Dauerbrenner ist eine kleine eher unscheinbare Pflanze: die Ackerschmalwand (Arapidopsis thaliana L.). Dieses kleine in Pflasterfugen oft als Unkraut bezeichnete Gewächs ist so etwas wie das wichtigste Versuchstier der Botaniker. Häufig kann man die Forscher beobachten, wie sie mit einer Pinzette die winzigen nur wenige Millimeter großen Sämlinge pikieren. Hierzu braucht man nicht nur eine Engelsgeduld, sondern auch ein ruhiges Händchen. Denn die für die Forschung wichtigen Pflänzchen werden nicht umsonst oft zuvor erst mit viel Aufwand steril zum Keimen gebracht und dann vorsichtig auf Erde umgesetzt, zu wertvoll sind sie. Die nur wenige Zentimeter hohe Pflanze besitzt ein ungewöhnlich kleines Genom und über die Jahre wurden immer mehr Gene und deren Funktionen in der Wissenschaft bekannt. Dies gepaart mit einer Generationszeit von wenigen Wochen machen die Ackerschmalwand zu einem idealen Forschungsobjekt. Viele Hypothesen können an dieser kleinen Pflanze erprobt und die Ergebnisse später auf andere Pflanzen übertragen werden. Damit leisten die Düsseldorfer Forscher mit ihrem Weitblick einen wichtigen Beitrag für die Nutzpflanzen der Zukunft. Durch den Klimawandel ist es nötiger denn je zu wissen, wie Pflanzen funktionieren, schließlich bilden sie ja unsere Lebensgrundlage.
Neben der für die menschlichen Ernährung eher unwichtigen Ackerschmalwand arbeiten die Düsseldorfer Pflanzenforscher*innen aber auch direkt an klassischen Nutzpflanzen wie Reis (Oryza sativa L.) oder Gerste (Hordeum vulgare L.). Hier geht es darum zu erkunden, wie wichtige Pflanzenschädlinge mit dem Reis interagieren und Ernten vernichten, oder welche wilde Verwandte der Gerste einen positiven Einfluss auf den Ertrag unserer Gerste auf den Feldern haben könnte. In den vielen Zellen gibt es aber noch einiges mehr zu entdecken:
Zum Beispiel winzige Tomatenpflanzen (Solanum lycopersicum L.), Buntnesseln (Solenostemon scutellaroides), verschiedene fruchtende Amarant (Amaranthus), zunächst unscheinbare Pflanzen der Gattung Flaveria und jede Menge Tabakarten (Nicotiana). Zwischen alle den Pflanzen ist es gar nicht so einfach, einen Ansprechpartner über den Dächern der Universität zu finden, hier hilft die Übersicht an der Tür des Gärtner*innenbüros.
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Dr. Christian Wever, Jahrgang 1984, promovierte an der HHU bei Prof. Westhoff, ist seit dem 1.1.2022 wieder zurück an der HHU als Manager der Pflanzenanzucht und dadurch beruflich mit dem Botanischen Garten verbunden, hat aber auch privat viele botanische Sammelleidenschaften. Bis 2022 leitete er die Arbeitsgruppe in AG Nachwachsende Rohstoffe an der Landwirtschaftlichen Fakultät der Uni Bonn mit dem Fokus auf Silphium perfoliatum als Alternative zu Silo-Mais.
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