Ende gut, alles gut?

Eine Rettungsaktion

Es war eine kleine Sensation im Frühjahr diesen Jahres, als auf dem „Alten Bilker Friedhof“, dem heutigen Sternwartpark, von einem passionierten Botaniker Restbestände von Gagea villosa, dem Acker-Gelbstern und von Poa bulbosa, dem Knolligen Rispengras, entdeckt wurden. Im Schutz des Botanischen Gartens haben einige der wertvollen Exemplare eine neue Heimstatt gefunden.

Alte Friedhöfe sind heute vielfach Rückzugsorte für gefährdete Arten, kleine Refugien, in denen sie überleben können. In der intensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft Deutschlands hat eine artenreiche Flora und Fauna wegen des hohen Einsatzes von Düngern und Pestiziden kaum Überlebenschancen. Sie vernichten die Lebensgrundlage vieler Pflanzen- und Tierarten. Deshalb werden verstärkt alte Friedhöfe und Parkanlagen nach gefährdeten Arten abgesucht, um sie zu schützen.

Der „Alte Bilker Friedhof“


Der „Alte Bilker Friedhof“, der 1805 unter Mitwirkung des berühmten Gartenkünstlers Maximilian Friedrich Weyhe angelegt wurde, erwies sich als „Glückstreffer“. Bereits 1904 wurde der Friedhof als Begräbnisstätte geschlossen, seither ist er eine Parkanlage. Im Schutz seiner prächtigen, alten Bäume und auf den Wiesenflächen haben – begünstigt durch den dort vorherrschenden Sandboden – in Nordrhein-Westfalen nur noch sehr selten vorkommende, kleine Pflanzen einen Rückzugsort gefunden. Gagea villosa und Poa bilbosa, die hier entdeckt wurden, gehören zu den gefährdeten Arten und sind in Nordrhein-Westfalen nur noch selten anzutreffen. Getreu dem Motto des Botanischen Gartens „Pflanzen sind die Grundlage unseres Lebens“ war es für die Kustodin des Botanischen Gartens selbstverständlich, einige Pflanzen zu entnehmen und zu sichern, als sie darum gebeten wurde. Mit Unterstützung des städtischen Gartenamtes wurden die Pflanzen ausgegraben und im Botanischen Garten eingesetzt.

Gagea villosa

Gagea villosa (Synonym Gagea arvensis), der Acker-Gelbstern, auch Acker-Goldstern, gehört zur Familie der Liliengewächse (Liliaceae) in der Gattung der Gelbsterne (Gagea) und ist mit anderen Frühjahrsblühern wie der Schachbrettblume, der Kaiserkrone oder den Tulpen verwandt. Benannt wurde Gagea villosa zu Ehren des englischen Botanikers Thomas Gage (1781 -1820), „villosus“ (lateinisch für struppig, zottelig) deutet auf die leichte Behaarung des Blütenstiels, der Blütenhüllblätter und der Griffel hin, wodurch sich der Acker-Gelbstern vom Gewöhnlichen Gelbstern (Gagea lutea) und Wiesen-Gelbstern (Gagea pratensis) unterscheidet. In Mitteleuropa kann oder konnte man ihn an Ackerrändern, in Weinbergen und auf Weidegrünland finden. Heute ist der Acker-Gelbstern ein gefährdetes Wildkraut, er steht auf der Roten Liste der gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen.

Poa bulbosa

Ebenfalls gefährdet und auf der Roten Liste vertreten, ist Poa bulbosa, das Knollige Rispengras. Der Name „Poa“ weist auf den griechischen Namen für Gras hin, „bulbosus“, lateinisch „knollig“, beschreibt die Verdickung der Stängelbasis. Poa bulbosa gehört zur Familie der Süßgräser. Das fast unscheinbare, frühjahrsgrüne Gras zeichnet sich durch vegetative Organe, sogenannte Brutknospen, aus.

Ende gut, alles gut? Machen wir uns nichts vor! Diese Rettungsaktion führt uns vielmehr sehr plastisch vor Augen, wie es um unsere Artenvielfalt steht: es ist ein schleichendes Artensterben. Zahllose Pflanzen, die seit Jahrhunderten zu unserem Kulturgut gehören, wie es die obigen Abbildungen beispielhaft sehr schön zeigen, sind nahezu verloren gegangen und müssen geschützt werden, um zu überleben. Aber auch Tieren, Landschaften und Gewässern ergeht es nicht besser. Biodiversität – die biologische Vielfalt der Lebewesen, Ökosysteme und die genetische Vielfalt innerhalb der Organismengruppen – macht die Lebensgrundlage unseres Planeten aus und ist für den Menschen unverzichtbar. Der Mensch ist Teil der Natur. Geht die natürliche Stabilität von Biodiversität verloren, geraten unsere Existenzgrundlage, Gesundheit und unser Wohlergehen in Gefahr. Biodiversität ist kein Luxus, sondern der Garant für unser Leben. Landnutzungswandel, Klimaänderungen, Nähr- und Schadstoffbelastung, die Übernutzung der natürlichen Ressourcen und das Auftreten invasiver Arten sind die wichtigsten direkten Triebkräfte für den Verlust von biologischer Vielfalt. Die Biodiversität zu sichern, ist nicht nur Aufgabe der Politik. Letztlich können wir sie nur durch gemeinsames Handeln sichern und auch wir können dazu beitragen. Oder wollen wir das Feld den Friedhöfen überlassen?

Poa bulbosa

Wenn man im Internet „Wie kann man die Artenvielfalt schützen“ aufruft, findet man viele hilfreiche Tipps, mit denen man seinen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten kann.

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