Unter dem Mikroskop

Pflanzenmaterial für Studienzwecke

Hinter der so harmlos klingenden Überschrift verbirgt sich jede Menge Arbeit: sowohl für die Studierenden als auch für Gartenmeister Andreas Fischbach und sein Team. Im Rahmen ihres Bachelorstudiums Biologie absolvieren die Studierenden der HHU Düsseldorf in der Grundphase verschiedene Pflichtmodule, die sich jeweils über ein Semester erstrecken. Im 1. Semester gehört hierzu auch die Lehreinheit “Botanik”. Der Lehrplan umfasst neben Vorlesungen ein Praktikum von wöchentlich vier Stunden. Hier kommt der Botanische Garten ins Spiel. Als wissenschaftliche Einrichtung der Forschung und Lehre an der HHU dienend, ist er für die Bereitstellung der für das Praktikum benötigten Pflanzen zuständig. Eine anspruchsvolle Aufgabe!

Fast möchte man salopp sagen: Studentenfutter her! Ca. 400 Studierende, die pro Semester die Pflicht-Veranstaltung besuchen, müssen mit Pflanzenmaterial versorgt werden. Da die Veranstaltung regelmäßig im Wintersemester stattfindet, ist die Beschaffung der verschiedenen Algen, Sporen- und Samenpflanzen eine echte Herausforderung. Es gilt aber auch ein breites Wissensspektrum und handwerkliche Fähigkeiten anhand von praktischen Arbeiten in den elf Kurstagen zu erwerben. Der Umgang mit Lichtmikroskopen, Schnitttechniken, Anfärbungen von Pflanzenschnitten, botanisches Zeichnen und Dokumentieren werden gelernt. Pflanzenzellen und Gewebetypen sowie der Aufbau von Samenpflanzen werden behandelt und in den letzten Kurstagen folgt eine Einführung in die Systematik und Evolution von Pflanzen.

So schön können Schnitte sein! Das Titelfoto zeigt einen mikroskopischen Längsschnitt eines jungen, weiblichen Zapfens einer Kiefer. In diesem Alter können sie von männlichen Pollen bestäubt werden. Die Bilder unten zeigen einen ungefärbten und einen gefärbten Stängelquerschnitt einer Schwarznessel.

Als lebende Pflanzen, tiefgefroren, in Alkohol eingelegt, getrocknet oder laminiert werden 26 unterschiedliche Pflanzen für den Kurs bereitgestellt. Die Vorgaben sind vielfältig. Bestimmte Wachstumsstadien werden benötigt; ganze Pflanzen, aber auch nur bestimmte Teile werden angefordert. Der Stundenplan muss daher nicht nur während des Praktikums, sondern das ganze Jahr über im Auge behalten werden, da verschiedene Pflanzen bereits im Frühjahr und Sommer gesammelt werden müssen, um sie im Winter präsentieren zu können.

Die Bandbreite reicht von Armleuchteralgen bis hin zu Gemüse und Früchten. Küchenzwiebeln, Knollen der Kartoffel, Früchte von Paprika und Birne sind leicht über den Handel zu beschaffen, auch wenn sich die Händler manchmal schon fragen, was Herr Fischbach (im Bild) wohl mit 50 roten Paprika anstellen möchte! Die meisten Materialien werden jedoch in den Gewächshäusern des Botanischen Gartens herangezogen oder im Garten bzw. auf dem Campus der Universität geerntet. Pflanzen wie die Pfeifenwinde und der Schwarze Holunder werden im Sommer in Alkohol eingelegt. Farne werden frisch vorgezogen oder laminiert bereitgestellt. Wieder andere Pflanzen werden in einem bestimmten Wachstumsstadium benötigt. Die Gartenbohne wird als gequollener Samen geliefert. Die Keimlinge der Garten-Senfrauke sollen drei bis sieben Tage alt sein. Maispflanzen sollten fünf Wochen alt sein und der Samen vorher tiefer als 1 cm vergraben worden sein, während die Ackerschmalwand sechs Wochen alt sein soll. Da gilt es, die Übersicht zu bewahren.

Viel Aufwand erfordert die Bereitstellung der notwendigen Materialien für die Kiefer, die im Kurs besondere Berücksichtigung findet. Gewünscht werden zum einen zur Anschauung Kiefernkeimlinge in einem frühen Stadium, in dem die Keimblätter voll ausgeprägt sind, der Spross aber noch nicht. Eine besonders delikate Aufgabe! Da Kiefernsamen im Handel nicht erhältlich ist, greift Herr Fischbach auf seine freundschaftlichen Kontakte zu Forstwirten zurück, die ihm Samen zur Verfügung stellen können, wenn sie Koniferen gefällt haben. Doch damit ist das Problem nicht gänzlich gelöst. Kiefernkeimlinge in einem bestimmten Stadium punktgenau frisch zeigen zu können, ist schwierig. Wie man auf den Fotos unten sehr schön erkennen kann, gehen selbst bei üppig ausgesätem Samen nur vereinzelt Keimlinge auf. Keimlinge werden daher auch in Alkohol eingelegt, um sie am Stichtag auf jeden Fall zur Verfügung stellen zu können.

Demgegenüber werden die ebenfalls im Praktikum für Schnitte und Zeichnungen präsentierten Kiefernzweige eingefroren, um sie haltbar zu machen. Die Kiefer ist einhäusig, die eingeschlechtlichen Blüten (Zapfen) blühen im Mai/Juni. Da die Zweige sowohl die weiblichen, zart rosafarbenen, bestäubungsfähigen Zäpfchen als auch die männlichen Blüten-Zapfen und die befruchteten weiblichen Zapfen des ersten Jahres sowie den Zapfen des zweiten Jahres aufweisen sollen, erntet Herr Fischbach sie, wenn sie in Blüte stehen. Glücklicherweise befindet sich neben dem Alpinum eine große Kiefer, von der er – ausgerüstet mit einer Leiter – die geeigneten Zweige abschneiden kann.

Ob die Studierenden wohl eine Vorstellung davon haben, welcher Aufwand mit der Bereitstellung der Materialien verbunden ist?

Mein Dank geht an die Kustodin des Gartens, Frau Dr. Sabine Etges, die für den Beitrag eindrucksvolle Fotos (s. Bildnachweis) zur Verfügung gestellt hat. Frau Dr. Etges hat mich auch auf das Thema aufmerksam gemacht, welches ihr sehr am Herzen liegt. Im Rahmen eines Lehrauftrages ist sie in das Praktikum involviert und kann daher besonders gut die Ansprüche und Möglichkeiten “beider Seiten” einschätzen.

Ich habe in dem Beitrag zur besseren Lesbarkeit auf die Benennung der wissenschaftlichen Namen verzichtet.

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