Als am Kohlbeet die Rede auf Skorbut kam

Einen Schönheitswettbewerb wird dieser Kohl im Nutzgarten wohl nicht mehr gewinnen, dafür besticht er durch seine Ausmaße!

Inspiriert von der Kinderführung “Von Pflanzenjägern, Entdeckern und Abenteurern”, die Katrin Saran im Rahmen der Kinderuniversität in den Herbstferien durchführte (s. meinen Beitrag vom 21. Oktober) und bei der wir viel Interessantes rund um den Kohl erfuhren, habe ich mich näher mit James Cook und dem Sauerkraut befasst.

James Cook, Oil on Canvas, 1776 John Webber

Was nur hatte James Cook mit Sauerkraut zu tun? James Cook (1728 – 1779) war nicht nur ein berühmter britischer Seefahrer, der auf drei Expeditionen weite Teile des südlichen Pazifiks erforschte und überragende kartografische Fähigkeiten besaß. Er war auch der Erste, der seiner Besatzung Sauerkraut und Zitronensaft zum Essen vorsetzen ließ, damit sie von der berüchtigten Krankheit “Skorbut” verschont blieben.

Skorbut war bis Ende des 18. Jahrhundert die Geißel der Seefahrt und forderte die meisten Opfer. Bis zu drei Viertel einer Besatzung kamen durch die Krankheit zu Tode. Die britische Marine soll durch Skorbut mehr Menschen verloren haben als durch feindliche Angriffe. Vitamin C war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt und so wusste man nicht, dass es nach zwei bis drei Monaten zu Mundfäule, Blutungen, Muskelschwund und in der Endphase vor dem Tod zu Blindheit und Halluzinationen kommt, wenn dem Körper kein Vitamin C zugeführt wird. Bedenkt man, wie lange die Schiffe in jener Zeit unterwegs waren und Hauptnahrungsmittel gepökeltes Fleisch, Trockenfisch und Zwieback waren, dann kann man sich leicht vorstellen, welche Verheerungen die Krankheit anrichtete.

Generationen von Ärzten bemühten sich, das Rätsel um die Ursachen für die tückische Krankheit zu lösen. 1753 kam Dr. James Lind auf die Idee, dass Skorbut auch auf ernährungsbedingte Ursachen zurückzuführen sein könnte. Anhand von Versuchsreihen konnte er feststellen, dass bei Matrosen, die Zitrusfrüchte verabreicht bekamen, die Krankheit zurückging. Bei weiteren Tests stellte er fest, dass auch Sauerkraut, frische Kartoffeln und Kräuter wirksame Mittel gegen Skorbut waren. Auf Drängen der Admiralität nahm James Cook daher auf seiner berühmten Reise mit der “HMS Endeavour” (1768 – 1771) unter anderem Sauerkraut, Zitronen und Malzextrakt als “Medizin” mit, um ihre Wirkung gegen die Krankheit zu erproben. Die Reise wurde nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht zu einem großen Erfolg. Als Cook nach drei Jahren wieder in England anlegte, hatte er nur wenige Männer durch Skorbut verloren.

Um seiner Mannschaft Sauerkraut und Zitronensaft schmackhaft zu machen, musste er allerdings zunächst einen Trick anwenden. Mit Alkohol konnte man die Männer locken. Aber saures? Cook ließ sich große Mengen an Sauerkraut und anstelle von Bier verdünnten Zitronensaft vorsetzen und verzehrte alles mit sichtlichem Behagen. Die Mannschaft war geködert. Was dem Commander schmeckte, musste gut sein!

Cook und sein Schiffsarzt priesen zwar nach der Reise Malzextrakt als bestes Mittel gegen Skorbut.* “Auf der zweiten Reise war Cook jedoch in der Lage, die Methoden zu perfektionieren, mit denen er auf der ersten experimentiert hatte, und trotz monatelanger Umrundung des Globus in antarktischen Gewässern, außer Sichtweite des Landes und ohne frischen Vorrat an Obst und Gemüse, starb keiner seiner Besatzung an Skorbut.”* 1776 erhielt James Cook die Copley-Medaille der Royal Society in Anerkennung seiner Verdienste um die Eindämmung von Skorbut.

Dass Vitamin C die Ursache für den Schutz vor Skorbut war, fand man erst im 20. Jahrhundert heraus. Vitamin C (Ascorbinsäure) wurde als eines der ersten Vitamine 1926 von dem Ungarn Albert Szent-Györgyi entdeckt, der es aus Paprika und Kohl isolierte. 1933 klärte dann Walter Norman Haworth die chemische Struktur auf. Beide wurden 1937 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, Szent-Györgyi erhielt den Nobelpreis für Medizin, Haworth den für Chemie.

  • Hier irrte Cook, wie spätere Forschungen ergaben, enthält Malzextrakt kein Vitamin C.
  • Quelle: National Museum Australia

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